50 Jahre kommunale Neugliederung der Städte Mönchengladbach, Rheydt und Wickrath

Mönchengladbach

Fotos: Helga Robertz

Festakt am 11.02.2025

Zu diesem Jubiläum lud die Stadt Mönchengladbach ins Haus Erholung ein. Viele Gäste u. a. aus Politik, Wirtschaft und Brauchtum kamen der Einladung nach.

Den musikalischen Auftakt bildete Enea Cavallo. Er überzeugte die Zuhörer mit Stücken gespielt auf der Harfe.

Anschließend hielt Oberbürgermeister Felix Heinrichs seine Begrüßungsansprache:

„Dieses besondere Jubiläumsjahr 2025 steht im Zeichen der Gemeinschaft und der gemeinsamen Geschichte. Mönchengladbach ist eine vielfältige Stadt mit ganz unterschiedlichen Menschen und Stadtteilen ist. Aus 44 Stadtteilen und 150 Nationen wurde vor 50 Jahren diese eine Stadt. Damit will Mönchengladbach ein klares Zeichen für eine offene und vielfältige Gesellschaft setzen, und aus dieser Vielfalt Kraft für die Zukunft ziehen – Eine Stadt – Gemeinsam Mönchengladbach.

Geschichte prägt nicht unerheblich unsere Identität. Durch das Verständnis unserer Geschichte, insbesondere auf der lokalen Ebene, können wir ein Gefühl von Zugehörigkeit, von Heimat, empfinden. Hier seien das Stadtarchiv, das Museum Schloss Rheydt, als wichtige Orte zu nennen. Dort ist das Gedächtnis unserer Stadt. Mehr noch als die Museen zählen die Geschichten aus den Familien, Fotos vom Dachboden, die Anekdoten, die bei Festen auf den Tisch kommen. Sie sind Zeugnisse unserer Vergangenheit. Die Geschichte wird lebendig, sobald Menschen anfangen darüber zu sprechen. Gedenktage und Jubiläen helfen dabei, uns mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen und ein Bewusstsein für unsere Heimat, unsere Kultur und Geschichte zu entwickeln. Es fördert aber auch das Verständnis für unterschiedliche Perspektiven, trägt dazu bei, Toleranz und Respekt auf andere Kulturen und Traditionen zu legen. Seit 1975 haben wir Grenzen abgebaut, Kommunen neu gegliedert und die Verwaltungsstrukturen mussten den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen angepasst werden. So wurden am 1. Januar 1975 in Folge der nordrheinwestfälischen Gebietsreform Mönchengladbach, Rheydt und Wickrath zur kreisfreien Stadt Mönchengladbach vereint. Die Ziele für eine gemeinsame Stadt wurden festgelegt und damit Geschichte geschrieben für eine gemeinsame Zukunft, was anfangs nicht ohne Widerstand aus Rheydt und Wickrath von statten ging.

Im Rückblick auf 50 Jahre kommunale Neugliederung stellt sich auch die Frage, ob wir alles richtiggemacht haben. Teile der Bevölkerung empfinden es als Verlust, für manche ist die Einheit auch nach 50 Jahren keine Selbstverständlichkeit. Man hört den Spruch „früher war alles besser“. Aber was wäre, wenn sich die Städte nicht zusammengeschlossen hätten? Letztlich wurde durch den Zusammenschluss zusammengefügt, was infrastrukturell und wirtschaftlich bereits verschmolzen war. Größere Städte können ihre Ressourcen effizienter nutzen. Eine große Stadt hat auch mehr Gewicht in politischen Entscheidungen. Die Interessen der Gesamtstadt können besser vertreten werden. Investitionen und bessere Bedingungen für Unternehmen schaffen Arbeitsplätze und fördern das wirtschaftliche Wachstum.“

Felix Heinrichs begrüßte noch den Mönchengladbacher Reinhold Ewald, der im Februar 1997 in der russischen Raumstation MIR für 19 Tage die Welt umrundete. Damit hatte er aus dem Weltall eine ganz besondere Perspektive auf die Welt, u.a. auf den Tagebau Garzweiler mit seiner enormen Dimension und dem Eingriff in die Natur.
 
Heinrichs dazu: „Unsere Verantwortung für die nächsten Jahrzehnte liegt darin, das rheinische Revier mit vielen Kommunen und Revieren gut zu entwickeln. Auch in den kommenden 50 Jahren unserer gemeinsamen Stadtentwicklung werden wir interregional und auch international sicher noch stärker zusammenarbeiten. Aufgaben und Projekte können gemeinsam besser und wirtschaftlicher erledigt werden, wie gemeinsame Rechenzentren, IT-Sicherheit oder Versorgung mit nachhaltiger Energie und viele andere Zukunftsherausforderungen. Diese Probleme lassen sich im Verbund besser lösen, denn sie machen nicht an Stadtgrenzen halt. Gemeinsam! Partnerschaft statt Konkurrenz.“

Im Anschluss an die Begrüßungsrede wurde ein weiterer musikalischer Beitrag von Francis Norman dargeboten. Er ist ein deutscher Viola- und Violinen-Spieler und Komponist und bereicherte das abwechslungsreiche Programm.

Zur Festrede war der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst (MdL), erschienen, begrüßte die anwesenden Gäste und meinte mit einem Augenzwinkern „die Niederrheiner sind die Westfalen unter den Rheinländern“. Er sprach über die Stadt Mönchengladbach:

„Was ist uns lieb und teuer? Familie, Kinder, Freunde, der Ort an dem wir leben? Das heißt ganz einfach HEIMAT. Das Gefühl, dazuzugehören. Mönchengladbach, Rheydt und Wickrath haben eine lange industrielle Tradition, das Herz der Textilindustrie. Der Strukturwandel in der Industrie war damals eine große Herausforderung für das „neue Mönchengladbach“. Textil und Mode mit starken Marken hatten Weltruhm -  so auch der Pelzmantel von Günter Netzer. Man hat sich danach breiter aufgestellt, selbst die Champagnertrüffel kommen aus Mönchengladbach!
Heimat bedeutet auch, sich interessieren, sich einbringen, anpacken, Unterschiede und Konflikte lösen = Demokratie! Wenn eine Gesellschaft vor Ort zusammenhält, stellt sich das leichter dar, kann aber nicht durch ein Gesetz bestimmt werden. Viele Ehrenamtliche bringen sich ein. Wir haben Menschen, denen Gesellschaft fehlt, und der Gesellschaft fehlen die Menschen. Was ist mit den jungen Leuten passiert? Auch junge Menschen können einsam sein, sie sollten mitmachen, auch Teil dieser Gemeinschaft, der Heimat, zu sein. Je länger Menschen einsam sind, umso mehr verabschieden sie sich davon, gemeinschaftliche Interessen als wertvoll anzusehen. Hier ist Hilfe nötig.“

Zum Abschluss trug sich Hendrik Wüst in das Goldene Buch der Stadt Mönchengladbach ein.

Noch einmal betrat Francis Norman die Bühne, dieses Mal mit den Rockstreichern der Musikschule Mönchengladbach. Sie spielten Stücke von Joachim Reiser, der ein Mönchengladbacher Komponist und Musikpädagoge war, und ernteten großen Beifall.

Eingeladen war auch die Bürgermeisterin von Roermond, Yolanda Hoogtanders, die auch eine Ansprache hielt. Mönchengladbach und Roermond sind seit 50 Jahren Partnerstädte. Beiden Städten ist wichtig, den kulturellen Austausch zu fördern, sich für Frieden zwischen den Ländern einzusetzen und gemeinsame Probleme mit gegenseitiger Hilfe zu lösen. Verbundenheit mit Deutschland empfinden die Niederländer natürlich auch beim Fußball.. Seit 1867 gehört Roermond erst vollständig zu den Niederlanden, bis dahin war Roermond noch Mitglied im Deutschen Bund. Auch heute teilen die Städte noch viele Traditionen wie Karneval, Schützenfeste und Volksmusik. Die Freundschaft reicht über die Grenze hinweg. Die Menschen der Grenzregion können Brücken bauen und auch vieles gemeinsam unternehmen und auf den Weg bringen.

Viele Lacher hatte das anschließende Duo Marco Jonas Jahn & Markim Pause – Poetry Slam- auf seiner Seite. Frisch und humorvoll trugen sie Texte zu den verschiedenen Stadtteilen vor.

Nach den Abschlussworten von Oberbürgermeister Felix Heinrichs konnten die Gäste sich noch bei einem Nachempfang austauschen.



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