WOHIN MIT GENERAL VON HINDENBURG UND DER HINDENBURGSTRASSE?

Mönchengladbach

Foto: Peter Josef Dickers

Alle sind böse. Nur ich nicht

Paul von Hindenburg. 1925 zum zweiten Reichspräsidenten der Weimarer Republik gewählt. Pläne zur Umgestaltung der Oberen Hindenburgstraße in Mönchengladbach kommen bei der Bevölkerung gut an. Eine Initiative fragt dagegen kritisch, ob man  jemanden mit einem Straßennamen ehren soll, der bei der Machtergreifung Hitlers eine wichtige Rolle spielte und das Ermächtigungsgesetz unterschrieb. Nein, ihre  Meinung.

Ursprünglich sollte eine Experten-Kommission historisch belastete Straßennamen prüfen und Alternativen suchen. Jetzt will man selbst Kriterien für kritische Straßennamen festlegen. „Allgemeine Richtlinien für die Straßenbenennung und  Nummerierung von Gebäuden in der Stadt Mönchengladbach“ sehen die Zuständigkeit beim Oberbürgermeister bzw. beim Vermessungs- und Katasteramt, die ein Benennungsverfahren einleiten könnten.

In der „Handreichung des Deutschen Städtetages zur Aufstellung eines Kriterienkataloges zur Straßenbenennung“ stellen Straßennamen ein „kollektives Gedächtnis“ dar, ein Stück Erinnerungskultur. Historische Personen, Orte und Ereignisse würden zu unterschiedlichen Zeiten verschieden bewertet. Vor allem die Straßenbenennung nach Personen unterliege einem Wandel.

Wohin mit General von Hindenburg?

Nach Missbrauchsvorwürfen gegen den verstorbenen Kardinal Hengsbach beraten Städte im Ruhrgebiet über Namensänderungen von Straßen und Plätzen. In Essen wurde sein Denkmal mit einem Kran auf einen Lastwagen gehoben und abtransportiert, geduldet von einem Bischof, der im Jahr 2011 keinen Grund sah, auf das Denkmal am Dom zu verzichten. Kardinal Hengsbach, verbunden mit der Region, der Landschaft, in der er lebte und wirkte, war Gründerbischof des Bistums Essen. „Einer von uns.“  „Kumpel Franz.“  

Kann man Personen und Ereignisse aus der Geschichte, aus dem kollektiven Gedächtnis streichen?

In meinem Heimatort wohnten wir an der Oststraße. Die Nazizeit machte eine Josef-Göbbels-Straße daraus. Nach dem unrühmlichen Kriegsende verwandelte sie sich wieder in die  Oststraße. Als der Bildhauer Hein Minkenberg starb, der einige Jahre im Ort gewohnt hatte, widmete man seinem Andenken die Oststraße und ließ sie zur Hein-Minkenberg-Straße werden. Sollte wider Erwarten eines Tages etwas weniger Ruhmvolles über ihn ruchbar werden, wäre dann mit erneuter Umbenennung zu rechnen?

Wie gehen wir mit der Geschichte um? Was nicht sein kann, das nicht sein darf? Ist es unzumutbar, mit Erinnerungen zu leben, an die man nicht gern erinnert werden will? Das Adolf-Hitler-Geburtshaus in der oberösterreichischen Stadt Braunau am Inn ist ein denkmalgeschütztes, biedermeierliches Bürgerhaus. „Haus des Bösen“ wird das „verfluchte Haus“ inzwischen tituliert. Man wälzt NS-Schuld auf ein Haus ab. Braunau muss mit seinem Erbe leben und umgehen. Abreißen darf man das Haus nicht.

Wohin mit General von Hindenburg und der Hindenburgstraße? Geschichte lässt sich nicht ausradieren. Die Straße ist ein Markenzeichen unserer Stadt, auch wenn sie heutigen Zeitzeugen „lästig“ geworden ist. Nicht jede „Last“ kann man abschütteln. Wer ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein auf „Kumpel Franz“ und andere.



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