Tweed, Shortbread und Haggis

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Foto: Thordis

„Stürmische See in seichten Gewässern“

Eine Kolumne von Thordis (34)

Leon und Patrick prügelten immer noch wie wild aufeinander ein, als Glen nach draußen gestürmt kam. Mutig versuchte er zwischen die Männer zu gehen und stellte sich in die Mitte der Zankerei. Zack, da hatte er sich auch schon eine Backpfeife von Leon eingehandelt, die sofort feuerrot wurde und höllisch brannte. Doch er ließ nicht locker und versuchte es auf eine andere Art. „Aufhören Jungs, was soll denn der Mist? Geht verdammt nochmal auseinander und klärt das wie erwachsene Leute. Ihr seid doch keine halbstarken Teenies.“ Aber jegliches Reden war scheinbar auch vollkommen zwecklos, denn die beiden Rivalen standen sich wie aufgebrachte Stiere gegenüber. Kleine Nebelschwaden kamen aus ihren Mündern und ihren Nasenlöchern gestoben. Aufgebracht tänzelten sie gekonnt umeinander und ließen sich keinen Moment aus den Augen. Der Schnee flog nach allen Seiten, als sie ein weiteres Mal aufeinander losgingen und sich in einer Ringerposition ineinander verhakten. Ellen und Alice waren nun ebenfalls vor die Türe getreten und konnten kaum glauben, was sie da sahen. „Ach du Schreck! Was ist denn hier los? Das sind ja Leon und Patrick die sich da prügeln.“ Ellen schlug beide Hände vor den Mund und blickte ihre Schwester fragend an. Auch Alice war sprachlos und konnte sich dieses Verhalten nicht erklären. Die beiden Frauen sahen zwei erwachsene Männer, die sich auf dem Boden wälzten und sich gegenseitig den frisch gefallenen Schnee in die Gesichter rieben. Irgendwie war das sehr kindisch und erinnerte Ellen an ihre längst vergangene Schulzeit und die Pausen auf dem Schulhof. Ian erging es scheinbar ähnlich, denn er traf eine folgenschwere Entscheidung. Der alte Schotte ging ohne Umschweife zum Stall hinüber, füllte eine Gießkanne mit Wasser und übergoss kurzerhand die beiden Streithähne damit. Dann stellte er sich breitbeinig vor ihnen auf und wartete auf die Reaktion der beiden Männer. Augenblicklich ließen die Zwei von einander ab und starrten sich mit ungläubigen Augen an. „Habt ihr noch alle Tassen im Schrank. Was soll denn dieser Unfug am Tag von Peggy´s Taufe und noch dazu am heiligen Sonntag. Hier und heute wird sich nicht mehr geprügelt. Ist das klar? So, dann steht auf, gebt euch die Hände und zieht euch trockene Sachen an.“ Wie zwei begossene Pudel taten die zwei Raufbolde, wie es ihnen der alte Schotte aufgetragen hatte und schlichen, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, zusammen ins Gutshaus. „Das hast du gut gemacht Dad! Die beiden Tölpel haben es nicht besser verdient. Ich verstehe nicht, was sie dazu veranlasst hat.“ Ellen fiel ihrem Vater um den Hals und kuschelte sich zufrieden an seine Brust. „Kann es sein, dass du der Grund für die Prügelei warst? Mir schien es fast so, als wenn sie um die Gunst einer Frau gekämpft hätten.“ Der alte Schotte schaute seine jüngste Tochter mit ernster Miene an. Doch dann öffnete er seine Arme und schloss sie liebevoll darin ein. Auch Alice gesellte sich zu der Kuschelrunde mit ihren Liebsten und war über den friedlichen Ausgang der Zankerei sehr froh. Die beiden Streithähne klärten in einem langen Gespräch ihren Disput und Leon flog noch am selben Abend zurück nach Australien.

Fast lautlos versuchte Ian auf Zehenspitzen über den langen Flur zu schleichen. Jedoch die letzte Holzdiele vor der großen Treppe verriet seine Anwesenheit im großen Haus. Sie knarzte und stöhnte verächtlich auf, als er auf sie trat. Der alte Schotte hielt einen Moment Inne und verharrte für ein Weilchen. Dann huschte er die lange Stiege hinunter und wollte gerade am Kaminzimmer vorbei sausen, als er aus dem Augenwinkel einen Schatten sah. „Dad, was machst du denn schon so früh im Haus? Solltest du nicht besser in deinem Bett im Kutscherhäuschen liegen?“ Glen kam mit Peggy auf dem Arm in den Flur gewandert und griente seinen Vater an. „Ach meine Junge du bist es. Ist etwas mit dem süßen Fratz? Warum bist du mit ihr hier unten?“ Ian küsste seine schlafende Enkelin auf die Stirn und streichelte vorsichtig ihre kleine Hand. „Nein, es ist alles in Ordnung mit ihr Dad. Peggy hatte nur einen schlechten Traum und ich wollte nicht, dass Alice geweckt wird. Sie hat die letzten Tage so viel um die Ohren gehabt, daher bin ich mit Peggy ins Kaminzimmer gegangen. Ich glaube das ist ihr Lieblingsraum auf dem Gut, denn hier wird sie immer ganz schnell ruhig und friedlich. Aber lenk jetzt nicht vom Thema ab. Was machst DU eigentlich hier? In knapp neun Stunden ist deine Trauung, da solltest du fit und munter sein.“ Vater und Sohn gingen nun gemeinsam ins Kaminzimmer und setzten sich auf das große lederne Sofa. Ian goss sich einen kleinen Schluck Brandy ein und flüsterte geheimnisvoll. „Ich habe bei Fiona im Zimmer geschlafen und wollte nicht, dass meine beiden Mädchen das mitbekommen. Du weißt doch, wie viel Werte sie auf die alten Traditionen legen. Aber ich konnte es ohne Fiona im Kutscherhäuschen einfach nicht aushalten.“ Glen griente seinen Vater erneut an und freute sich mit ihm, dass er so verliebt in Fiona war. „Das kann ich gut verstehen Dad. Immer wenn ich auf einer Tagung der Landmänner in Edinburgh bin, mache ich ohne Alice an meiner Seite auch kein Auge zu. Das ist eben das Schicksal von uns Männern, wenn wir unsere Traumfrau fürs Leben gefunden haben.“ Ian nickte seinem Sohn gedankenverloren zu und leerte sein Glas. „Das sagst du was mein Junge. Ganz besonders schwierig ist es aber, wenn du zwei Traumfrauen in deinem Leben hast und nicht weißt, wie du mit dieser verzwickten Situation umgehen sollst.“ Glen traute seinen Ohren nicht und blickte seinen Vater fragend an.



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