Das schon seit 2003 stattfindende Fest auf der Bruckner-Allee sagt uns: wir sind „Eine Stadt“. Dass wir "Eine Stadt" sind und es immer mehr werden sagt uns auch der Karneval.
Doch ganz werden wir die alte Tradition in den einzelnen Stadtteilen nicht verdrängen können. Die alten verschiedenen Schlachtrufe „Halt Pohl“, „All Rheydt“ und „Okerke Alaaf“ werden wir noch weiterhin hören. Übrigens, das Odenkirchener Alaaf wurde aus Köln importiert, weil der Kölner Reitergeneral Jan von Werth von 1643 bis 1652 Herr zu Odenkirchen war.
Schauen wir mal in die Vergangenheit der drei Städte. Die wenigsten wissen, wie es früher einmal war und was es in den einzelnen drei Städten für Kämpfe gab, nur selbständig zu bleiben um nicht mit einer anderen Stadt zusammen gehen zu müssen.
Mönchengladbach war schon damals eine große Fabrikstadt mit Mangel an Platz für eine Ausdehnung im eigenen Stadtgebiet. So siedelte sich die Industrie allmählich auch ins Rheydter und weiter ins Odenkirchener Gebiet an. Tausende von Arbeitern die in den Gladbacher Fabriken tätig waren, zogen u. a. in die damaligen Städte Rheydt und Odenkirchen und die wollten für die dadurch entstandenen Mehrkosten Zuschüsse von M.Gladbach.
Die Beziehungen zwischen den Städten wurden immer verwickelter und die Reibungsflächen immer größer. Am 29. September 1900, bei seiner Abschiedsrede, empfahl der Oberbürgermeister von M.Gladbach Geheimrat Kaifer die Vereinigung von Rheydt und M.Gladbach. Die von Oberbürgermeister Piecq im Jahre 1903 eingeleiteten Verhandlungen führten nicht zum Ziele. Zwei Jahre später wurde versucht die Städte M.Gladbach, Rheydt und Odenkirchen zu einer einzigen Gemeinde zu vereinigen. Auch dieser Plan scheiterte. Immer wieder hat auch Rheydt versucht Odenkirchen einzugemeinden.
Im Jahre 1907 hatte die Stadt Rheydt eine Bodenfläche von 1.282 Hektar und 43.000 Einwohner. Odenkirchen 1.822 Hektar und 18.000 Einwohner. Wegen Mangel an geeignetem Gelände hatten alteingesessene Rheydter Firmen ihre Fabrikgebäude auf Odenkirchener Gebiet errichtet; das konnte Rheydt nicht verschmerzen.
Am 12. Oktober 1907 fand in Odenkirchen eine denkwürdige Stadtratssitzung statt, der bei der Bevölkerung Unruhe und Empörung auslöste. Denn noch drei Tage vorher wusste niemand, dass die Vereinigung geplant war und in der darauffolgenden Sitzung beschlossen werden sollte.
Zur gleichen Stunde tagte auch die Rheydter Stadtverordnetenversammlung. Deren einziger Punkt: die Vereinigung der Städte Rheydt und Odenkirchen.
Erhebliches Aufsehen erregte in der Bevölkerung das Bekanntwerden der Tatsache, dass der Odenkirchener Bürgermeister Karl Böning beim Zusammenkommen der Städtevereinigung eine Abfindungssumme von 100.000 Mark erhalten und als besoldeter Beigeordneter mit dem Titel Bürgermeister in die Verwaltung der neuen Stadt übernommen werden sollte.
Mehrstimmig wurde in Odenkirchen und Rheydt für die Vereinigung gestimmt. Der überwiegende Teil der Bevölkerung war aber gegen eine Vereinigung, einzelne Honschaften mit über 90 % und eine Honschaft sogar mit 99 %. In einem Protestschreiben wandten sich kommunalwahlberechtigte Bürger an den Regierungspräsidenten. Haus und Grundbesitzer schlossen sich an. Nach einem ablehnenden Bescheid wurde das Protestschreiben an den Oberpräsidenten der Rheinprovinz weitergeleitet. Als auch das nichts brachte, wandten sich die Gegner der Eingemeindung an den Minister des Inneren. Dieser entschied die Angelegenheit noch mal zu überdenken und einige Änderungen zu besprechen.
Am 22. März 1908 fand eine Bürgerversammlung im großen Saal des Badhotels statt. Kopf an Kopf drängten sich die Besucher. Mit allen gegen fünf Stimmen wehrten sich die Odenkirchener gegen eine Vereinigung. Zwei Tage später wieder eine Stadtratssitzung mit dem Ergebnis 13 Stimmen für und 9 Stimmen gegen eine Vereinigung. Die Frage der Vereinigung Rheydt-Odenkirchen beschäftigte auch mehrmals den preußischen Landtag, wurde aber zuletzt abgelehnt, weil ein Bedürfnis nicht anerkannt wurde. Damit war das Thema einstweilen vom Tisch.
Bedingt durch den 1. Weltkrieg ruhten die Eingemeindungspläne. Nach dem Krieg wurden wieder Verhandlungen aufgenommen. Da wollte der Gladbacher Oberbürgermeister Piecq M.Gladbach, Rheydt, Odenkirchen, Schelsen, Giesenkirchen, Korschenbroich und Gladbach-Land zu einer Großstadt vereinigen. Doch als Odenkirchen absagte wollte auch die Bürgerschaft Rheydts nichts mehr von einer Vereinigung wissen, da sie befürchtete, anstatt in den Mittelpunkt der neuen Großstadt, an deren südliche Grenze zu gelangen.
In den nächsten Jahren wurde die Eingemeindungsfrage wieder aufgegriffen. Doch die Regierung des Landes Preußen plante eine kommunale Neugliederung des rheinisch-westfälischen Industriegebietes. Odenkirchen wollte unter keinen Umständen zu dem neuen Großstadtgebilde Gladbach - Rheydt gehören. Wenn schon die Selbständigkeit aufgeben müssen, dann lieber das kleinere Übel und mit Rheydt zusammen gehen. Auch die Rheydter wollten nicht zu M.Gladbach gehören. So waren sich Rheydt und Odenkirchen einig zusammen zu gehen.
Doch nach einer Besichtigungsreise des Umgemeindungsausschusses des preußischen Landtags durch die fraglichen Gebiete, kommen sie zu dem Entschluss: Eine Vereinigung Rheydt-Odenkirchen kommt nicht in Frage. Alle Proteste haben keinen Erfolg. Im Gegenteil: am 29.Juli 1929 beschloss der preußische Landtag die Zusammenlegung der Städte M.Gladbach, Rheydt und Odenkirchen.
Diese Zwangsvereinigung dauert nur vier Jahre. Im sog. Dritten Reich wurde auf Betreiben des aus Rheydt stammenden Propagandaministers Rheydt am 1. August 1933 wieder ausgemeindet. Damit fand die mehr als tausendjährige Selbständigkeit Odenkirchens ihr Ende.
Seit der Gebietsreform am 1. Januar 1975 verschwand das Autokennzeichen RY aus dem Verkehr und es gibt, bis heute MG das „Symbol“ für Mönchengladbachs „Eine Stadt“. Viele Menschen aus der „Südstadt“ hätten gerne, nach alter Tradition, das RY wieder, aber das wurde, bis heute, nicht genehmigt. Und so hoffen wir dass alles noch fester zusammen wächst und sich nichts von den letzten hundert Jahren wiederholt und auch das dass “Eine Stadt-Fest" immer ein voller Erfolg bleibt.
Quellen: Rixen und Unsere Heimat 1926
Foto: Archiv Heimatverein Odenkirchen und
Rheydt so wie es war 1978 Droste Verlag