Vier Jahre Bücherkirche in Geistenbeck

Odenkirchen

Fotos: Werner Erkens

Ein Team von Ehrenamtlern organisiert die Bücherkirche in der Gemeinde <Heilig Geist, Geistenbeck.

Das Konzept der Integration parallel zur regulären Kirchennutzung wurde bewusst gewählt, um „die Kirche im Dorf“ zu lassen. Gespendete Bücher und >Medien werden vom Bücherteam gesichtet, sortiert, präsentiert und gegen einen kleinen Obolus abgegeben. So wird auch Personen mit „kleinem Geldbeutel“ der Zugang zur Literatur möglich gemacht. Die vollständigen Einnahmen gehen an Gruppierungen in der Region, die sich mit Kinder- und Jugendarbeit befassen. Diese Win-Win-Situation ist die Basis des Projektes Bücherkirche.

Am zurückliegenden Samstag, 9. März 2024, gab das Bücherteam nicht nur einen umfassenden Einblick in das Projekt – sondern blickte auch auf das 4jährige Bestehen eines wahrscheinlich einzigartigen Projektes zurück. Dabei hat das Bücherteam eindrucksvolle Zahlen aufzuweisen: In der Kirche stehen 19.000 Bücher und weitere Medien zur Verfügung. Das Angebot wird erweitert durch zusätzliche 10.000 Bücher etc. im Vorsthaus.

Wolfgang Habrich und Klemens Schlossmann begrüßten zu beginn die Gäste und gratulierten dem Ehrenamtler-Team. Unter den Gästen auch Johannes van der Vorst, der auf sein 56. Weihejubiläumsjahr zurückblickt.

Wolfgang Habrich kann sich ein Leben ohne Bücher nicht vorstellen: „Wir brauchen Orte, wo sich Menschen wohlfühlen.“ Diese Voraussetzung erfülle die Bücherkirche. Mit Büchern auch kirchenfernere Menschen in eine Kirche zu holen – ein Leuchtturmprojekt.

Für das Bücherteam stellte Irmgard Selker, die seit der ersten Bücherkiste dabei ist, die konzeptionellen Überlegungen vor.

Rückläufige Besucherzahlen in nahezu allen Kirchen - so auch in Geistenbeck - führten zu Überlegungen, wie dieser Trend zu stoppen sei. Sie holten die Besucher zurück. Heute hat Geistenbeck eine Kirche und die Bücher sind zu Gast. Damit bleibt die Kirche Treffpunkt in Geistenbeck und ist offen für Gottesdienste.

Gebete, Besuche, Begegnungen, Gespräche, das Café Bergstation: ein stimmiges Gesamtkonzept mit Quartiersgedanken. Die Kirche ist seit Beginn an drei Tagen in der Woche zu festen Zeiten geöffnet – und damit nicht nur aber auch Anlaufpunkt für alle Bücherfreunde und -freundinnen.

Die Bücher und Medien werden von Privatpersonen gespendet. Das reicht vom einzelnen Buch bis hin zu ganzen Nachlässen mit Hunderten von Medien.

Der Büchermarkt mit Büchertisch fand im Keller des Vorsthauses seinen Beginn. Eine Großspende 2005 erforderte neue Ideen. Ein immer größeres Volumen von Büchern und Medien machte neue Lösungen notwendig. 2018 kam die Idee mit den Büchern in die Kirche zu ziehen. Zwei Jahre später folgte die Umsetzung: Im Januar 2020 wurden die hinteren Bänke aus dem Kirchraum herausgenommen und eingelagert. Die rollbaren Bücherregale hielten Einzug.

Für größere Gottesdienste wie zu Weihnachten, Ostern oder anlässlich Erstkommunion, Einschulungsgottesdiensten oder Schützenmessen können hinter den verbliebenen Bänken noch 200 Stühle gestellt werden. Bei Trauungen ziehen die frisch getrauten Paare gerne durch die Bücherregale. Die Bücher stehen quasi Spalier. Nach dem Gottesdienst dauert die Rückverwandlung in eine Bücherkirche keine Stunde.

Das Konzept entwickelt sich stetig weiter: hinzu kam eine Kinderecke mit wunderbaren Teppichen und speziellen Kindermöbeln. Der alte Beichtstuhl ist heute eine gemütliche Lesehöhle.

Auf der Orgelbühne werden CDs, LPs und Musikliteratur präsentiert. Alte Kirchenbänke wurden zu schönen CD-Regalen. Nachdem zwei Schreinereien abgesagt hatten, erledigten das professionell Hobbyhandwerker des Bücherteams.

Die Marienkapelle nimmt Thementische, Hörbücher, neue und antiquarische Bücher auf.

Jeden Monat findet am 1. Donnerstag und 1. Samstag der Büchermarkt statt. Dann sind das Vorsthaus und die Bücherkirche zeitgleich geöffnet und bieten gemeinsam ca. 29.000 Bücher und Medien an.

Seit einiger Zeit kooperiert das Bücherteam mit einem Imker. Seine Bienenstöcke stehen direkt hinter der Kirche. Der heimische und ausgesprochen leckere Honig kann in der Kirche käuflich erworben werden (wir haben probiert).

Das Motto „Blut und Bücher“ bedeutet: zeitgleich mit dem Büchermarkt findet ein Blutspendetermin des DRK im Vorsthaus statt.

Zwei Termine sind dem Bücherteam ausgesprochen wichtig:

  • der Welttag des Buches am 23. April    und
  • die Nacht der offenen Bücherkirche im Oktober.

Das Bücherprojekt hat sich stetig weiterentwickelt und wird dies auch künftig tun. Aktuell werden Vorlesenachmittage für Kinder geplant und ein Co-Working-Arbeitsplatz wird auf der Orgelbühne eingerichtet. Die Beleuchtung der Regale muss verbessert werden. Bei der zunehmenden Arbeit sehen sich die Ehrenamtler das ein oder andere Mal schon etwas überfordert. Professionelle und hauptamtliche Hilfe wäre hilfreich.

Bisher hat sich das Projekt aus eigener Kraft getragen. Zuschüsse wurden keine beantragt.

Nach Ende des Vortrages mit guten Einblicken in das Gesamtkonzept meldete sich Karl Sasserath, Leiter des Arbeitslosenzentrums (ALZ) zu Wort. Er bedankte sich dafür, dass das Bücherteam im ALZ die Bücherkisten füllt und dem ALZ auch schon mit Spenden geholfen hat.

Allgemeiner Tenor unter den Gästen: Die Bücherkirche stellt in der Tat eine Win-Win-Situation dar.



Anzeigen aus der Region