Freudentag oder Ernüchterung – Das Queere Zentrum drei Jahre nach der Eröffnung in Mönchengladbachs Mitte

Mönchengladbach

Wie heutzutage überall fehlen auch im Queeren Zentrum an der Wallstraße helfende Hände. Der ehrenamtliche Vorstand sieht die Vereinsarbeit auch als gelebte Demokratie und würde gerne ein breites Angebot anbieten. Die Verantwortlichen sehen auch die Politik in der Pflicht. Wir vom Lokalboten sprechen mit Birgit Kandler, zuständig für den Bereich Finanzen.

LB: Frau Kandler, das Queere Zentrum befindet sich seit Mai 2021 an der Wallstraße, im Herzen von Mönchengladbach. Oberbürgermeister Felix Heinrichs sprach von einem „Freudentag für Gladbach“. Wie ist es jetzt, zwei Jahre später, hat sich Ernüchterung eingestellt oder sind Sie mit den bisherigen Ergebnissen zufrieden?
Birgit Kandler: „Wir sind im dritten Jahr, ein Projekt wie das unsere benötigt Zeit. Erfahrungsgemäß dauert eine Etablierung von Angeboten 5 Jahre und mehr. Unsere Gruppenangebote werden im Durchschnitt gut besucht. Wir würden ein größeres Angebot vorhalten, wenn wir die Manpower hätten. Da wir alle noch berufstätig sind, ist unser Angebot zu 100 % ehrenamtlich.“

LB: Sie haben sich einen weiteren Punkt auf die Fahne geschrieben: Queere Seniorinnen und Senioren. Wir sprechen hier über die heutige Seniorengeneration in den 1960er und 70er Jahren. Die meisten konnte sich in der Zeit selten zu ihrer Veranlagung bekennen. Ist es heute anders?
B.K.: Es gibt die, die sich immer schon geoutet hatten, und auch die, die es nicht taten. Die tun es jetzt auch nicht unbedingt. Vor dem Hintergrund zunehmender Bedrohung von rechts wird unser Zentrum immer wichtiger werden – vorausgesetzt es gibt uns dann noch.“

LB: Alle Mitarbeitenden sind ehrenamtlich tätig und gehen noch einem Beruf nach.
B.K.: Ja. Das hat zur Folge, dass die Einzelnen auch mal ausfallen und nicht immer so können, wie sie gerne möchten. Besonders schwierig ist es für die Personen, die im Wechseldienst arbeiten.

LB: Was wünschen Sie sich von der Politik, vor Ort und im Bund?
B.K.: Grundsätzlich würden wir uns wünschen, dass jede Partei mit uns in den Dialog geht und diesen fortführt. Wir verstehen unsere Vereinsarbeit als gelebte Demokratie. Und wir finden, dass es sehr wichtig ist, dass demokratische Politiker uns ernst nehmen und uns den Rücken stärken.

LB: Im kommenden Jahr sind Wahlen. Wie wollen Sie es schaffen, in die Wahlprogramme der Parteien aufgenommen zu werden?
B.K.: Wir werden alle Parteien anschreiben und um ein Statement dazu bitten. Persönlich glaube ich nicht, dass wir auf unsere Bitte oder Aufforderung hin Wahlprogramme ergänzen können. Das müssen die Parteien schon wollen. Auf jeden Fall werden wir jeder Partei Gesprächsangebote machen, denn es ist Wahljahr und möglicherweise möchten die Parteien das ja nutzen, um Stimmen zu werben. Uns würde das freuen, denn im Kampf gegen die Antidemokraten ist jede Stimme wichtig.



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