Gourmet-Festival 2024 auf der Hindenburgstraße

Mönchengladbach

Stefan Wimmers

Vom 12. bis 14. Juli werden Hindenburgstraße und Sonnenhausplatz wieder zum Eldorado für Feinschmecker. Die Wellfairs GmbH veranstaltet in Zusammenarbeit mit dem City Management Mönchengladbach bereits zum vierten Mal das Gourmet-Festival. Im Vorfeld gab es lange Diskussionen z. B. um die Erweiterung der Ausstellungsfläche oder um einen verkaufsoffenen Sonntag. Wir fragen den Vorsitzenden des City Managements Stefan Wimmers, was es mit den Debatten auf sich hat.

LB: Herr Wimmers, das Gourmet-Festival soll wieder ein Frequenzbringer sein. Der Veranstalter rechnet mit etwa 60 Ausstellern. Wie sind die Prognosen?

Stefan Wimmers: Es handelt sich um die vierte Auflage des Gourmetfestivals in Mönchengladbach. Die Wellfairs GmbH veranstaltet diese Reihe neben Mönchengladbach auch in Düsseldorf und in Köln. Bereits in der ersten Auflage vor Corona zeigte sich eine hohe Zufriedenheit der Veranstalter und der Austeller mit dem Standort Mönchengladbach. Das Interesse des Mönchengladbacher Publikums war überwältigend, und entgegen allen sonstigen oft gepflegten Vorurteilen gegen unsere Stadtverwaltung gibt es aus Reihen der Veranstalter seit dem ersten Moment der Kontaktaufnahme vor der ersten Veranstaltung bis heute nur sehr lobenswertes über die Stadtverwaltung und die verschiedenen in die Planung des Events einbezogenen Ämter und deren Mitarbeiter im Vergleich zu den anderen Kommunen, in denen eine identische Veranstaltung angeboten wird.
Die konkrete Ausgestaltung der Veranstaltung hängt von den Veranstaltern selber ab. Das Citymanagement begleitet alle Vorbereitungen und steht mit Rat und Tat zur Seite. Die wirtschaftliche Verantwortung trägt jedoch der Veranstalter. Insoweit obliegt es diesem, zum einen zu bestimmen mit wie vielen Ausstellern er in die jeweiligen Veranstaltungen geht und welcher Platzbedarf dafür notwendig ist. Von letzterem ist schlussendlich abhängig, ob der Hans-Jonas-Park einbezogen wird oder inwieweit die Dichte auf der Hindenburgstraße zunimmt. Auch dies ist ein Vorteil der Mönchengladbacher Gegebenheiten: Flexibilität!

LB: Stadtverwaltung, Politik und Gewerkschaft verhandelten, so war es zu vernehmen, über einen verkaufsoffenen Sonntag am 14. Juli. Wie ist die Beschlusslage?

Stefan Wimmers: Am 8. Mai 2024 hat der Rat der Stadt Mönchengladbach beschlossen, den 14.07.2024 als verkaufsoffenen Sonntag zu genehmigen. Insoweit wurde dem Antrag des Citymanagement Mönchengladbach gefolgt, in dem vom 12.07.2024 bis 14.07.2024 stattfindenden Gourmetfestival einen Anlass zu sehen, einem verkaufsoffenen Sonntag zu verantworten.

Grundsätzlich zeichnet sich während der letzten zehn Jahre ein Trend ab, verkaufsoffene Sonntage grundsätzlich zu verbannen. In diesen Tagen wird immer wieder zurecht auf die Errungenschaften unseres Grundgesetzes verwiesen im Zusammenhang dessen 75. Geburtstag. Mehr als 65 Jahre lang wurden verkaufsoffene Sonntage als verfassungsrechtlich irrelevant behandelt bzw. erst gar nicht als solche thematisiert, soweit von einzelnen Auseinandersetzungen im Laufe der Jahrzehnte abgesehen werden kann. Eine öffentliche Diskussion wie in den letzten Jahren fand nicht statt. Plötzlich änderte sich dies. Sie wurde entdeckt und veranlasste umfassende Behandlungen mit dem Thema. In vielen Bundesländern wurden neue Ladenschlussgesetze erlassen und teilweise ebenso schnell wieder von den entsprechenden Gerichten für teilweise unwirksam erklärt. Der Grund dafür ist vielen oftmals nicht bekannt.

LB: Sie sind Rechtsanwalt. Bitte erläutern Sie unseren Lesern und Leserinnen die Gründe etwas konkreter.

Stefan Wimmers: Im Rahmen des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland beinhaltet Artikel 140 die Übernahme von Bestimmungen der deutschen Reichsverfassung vom 11.08.1919 als Bestandteil des Grundgesetztes in Form einiger weniger Artikel. Artikel 139 gehört dazu: Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt. Dieser Passus wurde mit Wirkung 1919 in die damalige neue Verfassung eingegliedert. Der Hintergrund war ein ganz anderer als heute. Bis zum damaligen Zeitpunkt gab es quasi keine Freizeit, eine 7-Tage-Woche war nicht außergewöhnlich. Insoweit wurde um die Jahrhundertwende im Rahmen der Industrialisierungswelle nach einem freien Tag lauter. Schlussendlich wurde ein freier Tag für alle Arbeitnehmer durchgesetzt, der Sonntag war frei. Diese Errungenschaft wurde sodann in die damalige Verfassung eingearbeitet. Mehr als 100 Jahre später diskutieren wir nicht mehr die 6-Tage-Woche, wir sind schon sehr lange bei der 5-Tage-Woche und der Trend geht in Richtung flexible Arbeitszeitmodelle. Die Diskussion von damals ist insoweit mit der heutigen Zeit mit keiner Weise vergleichbar. Nichtsdestotrotz hat der vorstehend zitierte Satz Verfassungsrang und ist Grundlage für etliche Entscheidungen deutscher Gerichte im Zusammenhang mit Ladenschluss bzw. Ladenöffnungsgesetzen und deren Beschäftigung mit Sonntagen.

Aus meiner Zeit im Citymanagement weiß ich, dass wir zeitweise sechs Sonntage im Jahr zur Verfügung hatten, und die große Herausforderung darin bestand, die verschiedenen Anbieter verschiedenster Konsumgüter zu einer einheitlichen Terminierung zu bewegen. Die Erinnerung daran darf heute als Luxusproblem betrachtet und bewertet werden. Die Rechtsprechung hat das Mönchengladbacher Citymanagement mittelbar erwischt, indem im Jahr 2017 eine damalig beschlossene Sonntagsöffnung anlässlich der sogenannten Blaulichtmeile beklagt wurde. Die Entscheidung wurde bis vor das Bundesverwaltungsgericht gezogen, um von dort dahingehend bestätigt zu werden, dass der verkaufsoffene Sonntag nicht hätte genehmigt werden dürfen. Seitdem sind Parameter bekannt, die zu nutzen sind, um verkaufsoffene Sonntage überhaupt praktikabel erscheinen zu lassen und rechtlich ansatzweise erfolgreich zu stützen.

Das Citymanagement hat in der Verwaltung in Form des Rechtsamtes und des Ordnungsamtes kompetente Partner, die im Laufe der Jahre und dem Zusammenhang mit den diversen Verfahren entsprechend geschult sind und über Erfahrungen verfügen, die anderweitig gegebenenfalls nicht vorhanden sind. In der Öffentlichkeit wird insoweit mit Recht immer wieder die Frage gestellt, warum verkaufsoffene Sonntage in den Vororten vergleichsweise oft stattfinden, nicht jedoch im Zentrum. Der Grund dafür ist die sogenannte Anlassbezogenheit von Veranstaltungen. Aus der vorgenannten Rechtsprechung und der Gesetzgebung wird herausgearbeitet, dass der Anlass eines verkaufsoffenen Sonntages ein Event sein muss, welches eine hohe Anzahl von Besuchern mobilisiert. Die Anzahl der Mobilisierung muss im Verhältnis stehen mit den durchschnittlichen Besuchern des jeweiligen Orts des Geschehens. An dieser Stelle ist Relation gefragt und daraus resultierende Mathematik.
Werden in einem Vorort an durchschnittlichen Samstagen beispielsweise Besuche gezählt von 2.000 Personen, ist es relativ einfach, ein Event, anlässlich dessen 5.000 Besucher beispielsweise Erscheinen als relevant zu deklarieren. Die Argumentation geht an dieser Stelle dahingehend, zu sagen, dass bei einer entsprechenden hohen Anzahl zu prognostizierende und gegebenenfalls schon nachgewiesene Besucher die Öffnung der Ladenlokale gerechtfertigt sein könnte. Die Menschen kommen in diesem Zusammenhang schließlich nicht wegen der Ladenöffnung, sondern wegen des Events an den entsprechenden Ort. Insoweit ist der Anlass nicht die Ladenöffnung, sondern das Event.

LB: Und wie sieht es nun in Mönchengladbach aus?

Stefan Wimmers: Die Mönchengladbacher City verfügt über eine entsprechend hohe Frequenz von Besuchern an Wochentagen und Samstagen. In Relation zu diesen normalen Besucherzahlen ist es relativ schwierig, ein Event zu kreieren, anlässlich dessen vergleichsweise viele Besucher erscheinen und aufgrund dessen die Ladenöffnung als gerechtfertigt erscheinen lassen kann. Insoweit muss jedes Event unter diesem Aspekt auf den Prüfstand im Zusammenhang mit normalen Besuchern, Besucherprognosen oder Besuchererfahrungen im Verhältnis zu normalen Tagen ohne Event. Diese Relation und die daraus erfolgende Bewertung führt zu den ungeschriebenen Ungleichgewichten zwischen Ladenöffnungen und Sonntagen in der City und in den Vororten.

Aktuell ist lediglich die Gourmetmeile in der Lage, Besucherzahlen nachzuweisen und dem zu Folge auch zu prognostizieren, die dem Rat die notwendige Grundlage vermittelt, eine Ladenöffnung am Sonntag verantworten zu können.

LB: Komplizierte Sache. Herr Wimmers, danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben für die ausführlichen Erläuterungen.



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