Die Erbgesundheitsgerichtsbarkeit am Beispiel Mönchengladbach

Rheydt

v. l.: Christoph Nohn, Lukas Kellers, B.A., Prof. Dr. Dr. Helge Kleifeld, Barbara Fitzek, Jochen Ingenschay | Fotos: Gero M.J. Müllers

Mit den Vorträgen zur Stadtgeschichte im Rittersaal Schloss Rheydt leistet die Otto von Bylandt-Gesellschaft seit Jahren wertvolle Beiträge im Rahmen kultureller Arbeit in der Region.

Der aktuelle Vortrag am Mittwoch vergangener Woche befasste sich mit der Erbgesundheitsgerichtsbarkeit am Beispiel Mönchengladbach. Seit fast vier Jahrzehnten ist die Erbgesundheitsgerichtsbarkeit während der NS-Diktatur Gegenstand historischer Forschung. Auch das Stadtarchiv Mönchengladbach hat sich in den letzten Jahren intensiv mit diesem Aspekt des sogenannten "Dritten Reiches" befasst.

Der Vortrag knüpfte daran an und beleuchtete am Beispiel Mönchengladbachs eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte, das bislang wenig Niederschlag im öffentlichen Bewusstsein gefunden hat.

Die Referenten des Abends waren der Leiter des Mönchengladbacher Stadtarchivs, Prof. Dr. Dr. Helge Kleifeld, sowie Lukas Kellers, Bachelor of Arts, die in diesem Zusammenhang für Mönchengladbach Pionierarbeit geleistet haben.

Helge Kleifeld stellte in seinen Ausführungen unter anderem die damaligen Zuständigkeiten und Rahmenbedingungen der Erbgesundheitsgerichtsbarkeit vor, während Lukas Kellers am konkreten Fall eines Mönchengladbacher Bürgers die verfügbaren Archivalien des Betroffenen, die er wissenschaftlich bearbeitet und ausgewertet hatte, aufzeigte.

„Alfons B.“, so die Bezeichnung der Person, wurde aufgrund der Diagnose „erbliche Fallsucht“ zwangssterilisiert, obwohl seine „Fallsucht“ nachweisbar auf ein Kriegserlebnis im Ersten Weltkrieg zurückzuführen war.

In seinem Vortrag veranschaulichte Kellers die zahlreichen Facetten der Erbgesundheitsgerichtsbarkeit im nationalsozialistischen System. Auch die Bemühungen des Betroffenen „Alfons B.“ um Wiedergutmachung nach dem Zweiten Weltkrieg waren Bestandteil der Ausführungen. Auf diese Weise konnte verdeutlicht werden, wie die Erbgesundheitsgerichte seinerzeit vorgingen und welche Kontinuität im Denken und Handeln von Medizinern und Juristen im Besatzungsregime und schließlich in der „Wiedergutmachungsverwaltung“ der Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte.

Ein bemerkenswerter Vortrag, der nachdenklich stimmte. Am Ende der Veranstaltung gab es daher Gelegenheit zur Diskussion und Beantwortung von Fragen, bevor von Seiten der Veranstalter zu einem Umtrunk eingeladen wurde, der Gelegenheit geben sollte, das Gehörte weiterzudenken und miteinander ins Gespräch zu kommen.

Info
Die Otto von Bylandt-Gesellschaft besteht seit dem Jahre 1953. Sie geht auf den Rheydter Verein für Heimatkunde von 1897 und den Rheydter Geschichts- und Heimatverein von 1947 zurück und ist benannt nach Otto von Bylandt, auf dessen Wirken zwischen 1558 und 1570 der Ausbau des Schlosses zur beispielhaften Renaissance-Anlage beruht. Ziel und Zweck des gemeinnützigen Vereins ist die Förderung des Städtischen Museums Schloss Rheydt und des Museums TextilTechnikum e.V. als Museen für Kunst, Kultur und Geschichte. Dies geschieht durch Unterstützung der Museen in allen ihren Aufgabenbereichen, durch Veranstaltungen und Veröffentlichungen sowie durch Fahrten mit kunst-, kulturgeschichtlichem und/oder historischem Schwerpunkt.   Quelle: https://schlossrheydt.de/ottovonbylandt-gesellschaft/



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