Seit Februar 2024 trafen sich zehn Kinder im Alter zwischen sechs und zehn Jahren an vier Samstagen in den Räumen der AWO in der Limitenstraße 64. Begleitet wurde das Projekt von den Sozialarbeitern und u. a. Medienberatern der AWO Maren Eckle und Ulas Zabci in Zusammenarbeit mit den Keramikkünstlerinnen Claudia Schrammen-Herrmann (Atelier Kunst & Keramik) und Anna Schulz.
Ton ist im Trend. Nicht nur bei Erwachsenen, sondern auch bei Kindern und Jugendlichen. Denn das „Handwerk“ ist die perfekte Alternative zur digitalen Welt. Durch die Kreativangebote außerhalb der virtuellen Welt, fühlen sich Kinder und Jugendliche wieder mit ihrer Außenwelt verbunden. Ton schafft es, sich auszudrücken, Gefühle darzustellen und Kreativität an sich und mit sich selbst zu erleben. Wertschätzung und Aufmerksamkeit im gemeinsamen Erleben sowie das Kennenlernen neuer User kommen dazu sowie die Erfahrung, wie formbar Ton ist und wie formbar und veränderbar sie selbst sind. Töpfern schafft Kreativität, Ausdruck, Raum und Gestalt und stattet den User mit genügend Selbstbewusstsein und individueller Stärke aus, eigenverantwortlich den Grad zwischen Realität und Virtualität zu bestimmen und den Pfad verantwortungsvoll zu gehen.
Im Gespräch mit Claudia Schrammen-Herrmann merkt man gleich, dass sie mit ganzem Herzen dabei ist und wie wichtig ihr diese Projekte mit Kindern und Jugendlichen sind. In der Corona-Zeit mit Homeschooling und Distance-Learning ist viel verloren gegangen, so dass Wege gefunden werden müssen, die eigene Kreativität zurückzugewinnen. Seit Jahren ist zu beobachten, dass Computer, Tablet und Handy die Kinder mehr und mehr faszinieren, fesseln und vereinnahmen. Vom ständigen Enter gedrängt, gelingt es ihnen nur schwer, das Escape selbst zu bestimmen.
Im Workshop erfahren wir ganz nebenbei von den Kindern, dass die meisten aus Spaß, zur Ablenkung von Schule und Alltag Zeit an ihren Spiekonsolen verbringen und vor ihrem Computer "hocken". Manchmal spielen sie zwei Stunden am Tag - manchmal bis tief in die Nacht. Meistens kehren sie dann zu Freunden, Familie und ihrem realen Leben zurück. Leider gelingt das nicht allen Jugendlichen. Einige berichteten, dass sie nur noch wenige reale Freunde haben, kaum noch vor die Türe gehen – das Leben kaum noch erleben. Sie benutzen die Escape-Taste nicht, finden den Ausstieg nicht! Hier sind dringend Hilfestellung und Freizeitangebote nötig.
Warum hat der Ton keine Enter-Taste? Man muss sich bis zum Schluss mit dem Material auseinandersetzen und kann ihn nicht einfach mit einem Mausklick "wegdrücken". Da heißt es auch mal, ok. fangen wir von vorne an. ..... Projekte wie diese haben auch einen strukturierten Programmablaufplan – er ist real, spontan und wird nicht durch Datenpfade vorgegeben. Man braucht dafür kein Smartphone, es fördert die Konzentration und die Hände haben etwas zu tun.
Für viele Kinder war dies eine neue Erfahrung. Die meisten hatten noch nie mit Ton gearbeitet. Es kostet am Anfang Überwindung, den feuchten Ton in die Hände zu nehmen und sich schmutzig zu machen. Doch schon bald waren die Kids im „kreativen Flow“ und sich bewusst, dass sie aktiv etwas gestalten. Sie waren ausdauernd bei der Sache und entwickelten den so genannten „Werk-Stolz“. Genau das wollten wir erreichen“, sagt Künstlerin Claudia Schrammen-Herrmann. Sie waren an allen Workshop-Tagen hochkonzentriert bei der Sache. Handy oder Konsole waren kein Thema.“
Zum Abschluss ihrer „Medienauszeit“ feierten die Kinder mit Eltern, Geschwistern und Großeltern. Die selbst gefertigten Werke konnten bestaunt werden. Erst wurde gemeinsam eine leckere Pizza zubereitet und im Anschluss von den getöpferten Keramiken verspeist. Die entstandenen Kunstwerke wurden anschließend umsichtig verpackt und können nun zu Hause mit Stolz gezeigt und natürlich benutzt werden!
„Das Projekt „Töpfern statt Medien“ war ein voller Erfolg. Freizeit „gestalten“ ist sprichwörtlich in die Tat umgesetzt worden. Als Alternative, allein auf der Couch zu sitzen und mit dem Smartphone oder der Konsole zu daddeln. Die Kids haben sich gegenseitig unterstützt und für ihre tollen Ergebnisse gelobt“, so Schrammen-Herrmann abschließend. Weitere Projekte sind in Planung!